Dienstag, 3. März 2009

Zurück zuhause

Am Flughafen in Kloten wurden wir von unseren Liebsten herzlich empfangen und genossen in Bietenholz einen wunderbaren und reichhaltigen Sonntagmorgenbrunch. Das Wiedersehen mit Familie und Freunden war sehr schön.

Trotzdem war es beängstigend zu merken, wie schnell man sich wieder ans westliche Leben und den Rhythmus unseres Landes gewöhnt. Kaum ist man wieder von der Hektik und dem unglaublich hohen Standard unseres Alltages umgeben, ertappt man sich selbst und seine Mitmenschen dabei, wie wir an unsere Umwelt hohe Erwartungen stellen - und uns dann nerven, wenn wir enttäuscht werden. Wir kennen es alle: der Zug kommt einige Minuten zu spät, die Bedienung im Restaurant ignoriert uns, eine Sendung kommt nicht gleich am Folgetag beim Empfänger an usw.

Wir vergessen allzu oft, dass wir Europäer unglaublich privilegiert sind! Halten wir uns vor Augen, dass so vieles, was wir haben, definitiv nicht selbstverständlich ist. Zum Beispiel, dass...
  • unsere Wohnung mit fliessend Wasser bedient wird, während täglich 24 Stunden
  • unser Hahnenwasser trinkbar ist
  • jeder Haushalt warmes Wasser hat
  • wir rund um die Uhr Strom haben um zu kochen, zu heizen und zur Beleuchtung
  • der Verkäufer Rückgeld hat, unabhängig vom Betrag und der Grösse meines Nötli
  • unsere Häuser isoliert sind und über eine Heizung verfügen
  • sich der Boden des oberen Stockes nicht durchbiegt beim Betreten (nicht wie in Adobehäusern)
  • es andere Restaurants gibt als nur Pollerias (Chickerias) mit frittierten/gebratenen Hühnern
  • jedes Zimmer eine Tür mit Schloss besitzt
  • man im Restaurant zwischen verschiedenen Gerichten auswählen kann
  • der Kaffee aus einer Maschine kommt und frisch ist
  • die Milch in flüssiger Form erhältlich ist (und nicht nur in Pulverform oder kondensiert)
  • es Supermärkte gibt, in welchen man schlicht alles erhält
  • unser Bett frisch angezogen/sauber ist und nicht nach altem Schweiss riecht
  • man keinen Stromschlag kriegt beim duschen
  • die Nähmaschine oder der Schleifstein mit Strom betrieben ist, vorausgesetzt wir benötigen solche Maschinen überhaupt noch
  • man Brot kaufen kann (und nicht nur trockene "Galletas" erhält, also Kracker)
  • die Matratze nicht durchhängt
  • ALLE WCs eine Schüssel haben, eine Spülung und Papier
  • man sich nicht bei jeder Tür bücken muss, um sich nicht den Kopf zu stossen - mit Ausnahme von Appenzell ;-)
  • man im Restaurant mehr als nur eine Gabel erhält, auch bei Fleisch am Stück
  • es einem beim Essen im Restaurant nicht auf den Kopf regnet
  • man eine Reise unternehmen kann, sogar in ein anderes Land
  • man weiss, dass zwischen Europa und Südamerika ein Meer liegt
  • unsere Schuhe nicht aus alten Autopneus gefertigt sind
  • JEDER eine Postadresse hat und täglich Post erhalten kann
  • man zum Gangschalten beim Velo nicht das Rad lösen muss ;-)
  • das Hausdach mit Ziegeln gedeckt ist und nicht mit Stroh oder Blech
  • es pro Dorf mehr als nur ein einziges Telefon gibt
  • auch ins hinterste Bergdorf eine geteerte Strasse führt
  • JEDES Kind zur Schule kann, und nicht Schafe hüten muss
  • man Meerschweinchen nur als Haustiere hält und nicht isst
  • in der Küche das Abwasser nicht nur in eine Tonne fliesst, sondern durch die Kanalisation abläuft
  • man eine Waschmaschine zuhause hat und ev. sogar einen Tumbler
  • alle Läden Öffnungszeiten besitzen, welche angeschrieben und sogar eingehalten werden
  • Strassen und Ortschaften angeschrieben und beschildert sind
  • man täglich einen Arbeitsweg von über 20km auf sich nehmen kann, weil man ihn in weniger als einer halben Stunde zurücklegen kann
Ich wünsche mir, dass wir uns dauernd bewusst sind, wie gut es uns in Wirklichkeit geht und dass wir dafür dankbar sein können.

Montag, 23. Februar 2009

Trujillo - Quito - Kloten

Die letzte Etappe unsere Reise erlebten wir aus für uns ungewöhnlicher Perspektive. Eine 27-stündige Busfahrt, vorbei an endlos scheinenden Bananenplantagen, brachte uns nach Quito.


Nur noch drei Tage bis zum Rückflug! Unsere Gastgeberin Susana zeigte uns, dass es in Quito und Umgebung in drei Tagen eine Menge zu sehen und erleben gibt. Mojito de la casa,


den Äquator,



schwindelerregende Ausblicke,



idyllische Parks ...



Zu guter Letzt liessen wir es uns in einem argentinischen Restaurant noch mal richtig gut gehen!



¡Adios Sudamérica!


Sonntag, 1. Februar 2009

Lebenszeichen von Katja

Wärend Didi und Adrian ihre eindrückliche Abenteuerreise durch Peru per Velo fortsetzten, blieb ich, Katja, im Heiligen Tal der Inkas hängen. Bevor die zwei Muchachos nun ihre Reise beenden und dadurch viele von euch treuen Lesern unseren Blog nicht mehr so fleissig besuchen werden, möchte ich Euch nochmals ein Update über meine Erlebnisse in Peru geben.

Ende November begann ich in Coya, nahe Cuzco, in einer Klinik zu arbeiten. Bald begann ich Amilcar, den Pflegefachmann, welcher die mittellosen Menschen in den abgelegensten Andendörfchen besucht, zu seiner Arbeit zu begleiten. Ich traf dort, nach oft stundenlangen Wanderungen, auf die ärmsten der armen Familien und fand jede Menge Arbeit vor. Davon möchte ich Euch nun berichten.


Leben in den Comunidades

Die Menschen in den Comunidades leben in einfachen Hütten aus Adobe, einem Gemisch aus Lehm und Heu. Die Hütten sind nicht verputzt, was allem möglichen Getier freien Zugang zu den Wohnräumen verschafft. Die Hütten bestehen meist aus einem einzigen Raum, welcher für die ganze, meist kinderreiche Familie Wohn-, Schlaf- und Essraum sowie die Küche in einem ist. Ebenso beherbergen sie ihre zahlreichen Cuyes (Meerschweinchen, die sie hier ja essen), Hühner, Hunde und Katzen im gleichen Raum.


Obwohl das Klima der hohen Anden kalt und hart ist, verfügen die Menschen hier nicht über Heizungen und auch nicht über Socken und Schuhe. Ihre nackten Füsse stecken in aus Velopneus gefertigten Sandalen, ihre Kleider sind zerfetzt und schmutzig.


Es gibt keine sanitären Anlagen wie Duschen und WC's und warmes Wasser schon gar nicht. So kommt es gut und gerne mal vor, dass sich die Leute gerade mal einmal im Monat oder sogar auch nur einmal im Jahr waschen. Wer wäscht sich schon gerne mit eiskaltem Wasser?

Gekocht wird auf einfachen Lehmherden, welche mit Holz, Plastik und Tierkot beheizt werden. Da es keine Kamine gibt, verteilt sich der giftige Rauch im Wohnraum und wird von der ganzen Familie eingeatmet. Das Kochgeschirr steht auf dem Erdboden, wird bestenfalls mit Asche gereinigt und sämtliches Getier und Ungeziefer labt sich an den Essensresten, die daran kleben.


Diese unhygienischen Lebensverhältnisse sind Ursache von zahlreichen Erkrankungen. Der Speiseplan dieser Menschen ist sehr einseitig und Bakterien und Würmer erschweren dem Körper die Nahrungsaufnahme und -verwertung, wodurch viele Menschen hier an Mangel- und Fehlernährung leiden. Die natürliche Entwicklung der Kinder wird dadurch oft stark beeinträchtigt, was Kleinwüchsigkeit, Körperdeformitäten und Schwäche, sowie auch Lernschwierigkeiten zur Folge hat. Sehr oft kommen die Kinder mangelernährter Mütter schon mit Körperdeformationen und -schwächen zur Welt.


Ein grosses Problem stellt in diesen Comunidades auch das Fehlen von medizinischer Versorgung dar. Die Leute müssen oft stundenlang wandern, um zum nächsten Arzt zu gelangen und öffentliche Verkehrsmittel - falls diese vorhanden wären - können sie sich meist nicht leisten.

Wer kein Geld hat, wird an den meisten Orten auch nicht behandelt. So kommt es gut und gerne mal vor, dass die Patienten unverrichteter Dinge wieder nach hause geschickt werden. Hat zum Beispiel jemand Krebs, wird ihr/ihm gesagt: geh dahin, wo du herkommst. Da kannst du ein bisschen leiden und dann wirst du sterben.

Die Patienten

Viele Menschen hier leiden an starken Schmerzen Rheumatischer Form, da die Kälte ihren Körpern sehr stark zusetzt. Ebenso treffe ich immer wieder Leute mit unfallbedingten Behinderungen, welche noch nie einen Therapeuten gesehen haben.


So beispielsweise:

Ein 9-jähriger Junge, der nach einem Unfall einen völlig deformierten Fuss hat. Wir trafen ihn an, gerade nachdem er einen langen Fussmarsch hinter sich hatte. Der Fussdeformitäten wegen scheuerten die Sandalen die ganze Haut unter den Riemen auf. Fliegen bedeckten die schmutzigen Wunden, zu derer Desinfektion und Bedeckung schlichtweg kein Material verfügbar war.


Ein 14- jähriges Mädchen, welches nach einem Unfall mit 6 Jahren an einer Halbseitenlähmung leidet, auf einem Auge blind ist und durch ihre Fehlbelastungen an diversen Gelenksschmerzen leidet.

Ein 22-jahre junger Mann, der nach einem Arbeitsunfall vor zwei Jahren Querschnittgelähmt ist und seither sein Leben in seinem Dunklen Zimmer vor dem flimmernden Fernseher verbringt. Eine Schar Cuyes (Meerschweinchen) rennt um sein Bett, ansonsten hat er weder Beschäftigung noch Gesellschaft. An einer seiner Gesässbacken nagt eine Tiefe Wunde, die er sich durch das regungslose liegen in immer der selben Position zugezogen hat. Er ist völlig deprimiert und sieht weder Zukunft noch Sinn des Lebens.


Das Projekt

Am Anfang unserer Reise, noch in Bariloche, überlegten sich Didi und ich, unserer Reise einen "Sinn" zu geben, respektive für einen guten Zweck zu Radeln. Mangels Kenntnis eines solchen, blieb es damals bei der guten Idee.

Nun, nach all meinen Erfahrungen mit den Menschen hier hab ich mich zusammen mir Amilcar, dem Pflegefachmann, entschlossen, die Arbeit in der Klinik aufzugeben und ein Hilfsprojekt für sie ins Leben zu Rufen. Die Hilfe soll direkt und ohne Verlust an dem Ziel ankommen, welches für sie bestimmt ist und das Projekt soll ein langjähriges, zukunftsorientiertes sein. Es besteht aus verschiedenen Aspekten:

Einerseits möchten wir die Menschen in den Comunidades schulen, wie sie hygienischer und gesünder leben können. Die Informationen allein nützen den Leuten jedoch nichts, solange sie das dazu nötige Material nicht zur Verfügung haben. So möchten wir ihnen zum Beispiel Seifen, Handtücher, Geschirregale, Kamine, Meerschweinchen- und Hühnerställe usw. zur Verfügung stellen. Wir werden jeweils mit zwei bis vier Comunidades gleichzeitig während eines Zeitraumes von ca. drei Monaten arbeiten, sie instruieren, ausrüsten und kontrollieren, ob sie das gelernte auch umsetzen.


Natürlich wird Amilcar weiterhin seine pflegerischen Aufgaben wahrnehmen, Patienten untersuchen und behandeln, mit Medikamenten versorgen und falls nötig, einem Arzt zuweisen. Das Projekt soll somit auch mittellosen Menschen zu Transport- und Behandlungsmöglichkeiten verhelfen, indem wir deren Kosten übernehmen werden.


Das besagte Unternehmen sollte wie erwähnt zukunftsorientiert und von langjähriger Dauer sein. Amilcar und weitere Personen werden hier in Peru für die Kontinuität des Projektes sorgen, wenn ich dann einmal zurück in die Schweiz reisen und von da aus daran weiterarbeiten werde.


Für den Monat März planen wir dazu noch ein zeitlich begrenztes Projekt zu realisieren. Es soll ein Intensiv-Therapiemonat für fünf Kinder und den oben erwähnten Querschnittgelähmten Mann werden. Wir werden uns ein Haus mieten und eine Frau anstellen, welche für uns kocht und für die Kinder sorgt, während sie keine Therapie haben. So habe ich die Möglichkeit, sie alle einen Monat lang täglich zu behandeln, während ich sie in ihren Comunidades aus Zeitgründen höchstens ein- bis zweimal im Monat besuchen könnte. Wird dieses Projekt ein Erfolg, werden wir es zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt durchführen.


Wer Lust hat unser Projekt finanziell oder auch materiell zu unterstützen, melde sich doch bitte für weitere Infos per e-mail bei mir: katja.reichstein@gmail.com

Natürlich würde ich mich über zahlreiche Interessenten freuen. Denkt daran, schon 20 Schweizerfranken sind hier in Peru ziemlich viel Geld!

Nun wünsche ich Didi und Adi eine gute Heimreise und Euch allen viel Freude beim Wiedersehen!

Freitag, 30. Januar 2009

Impressionen





Alles Schöne hat mal ein Ende...

Hier in Trujillo ging dann nach 10’700km (Didi) bzw. 2200km (Adi) unsere Radreise zu Ende. Da wir die Reise nach Ecuador per Bus fortsetzten, spedierten wir schon von hier unsere Fahrräder nach hause. Wir besorgten uns genügend Karton und verpackten in einer Nachmittagsaktion Räder und Zubehör.



Nicht weniger lang dauerte dann der Versand auf der Hauptpost von Trujillo: über eine Stunde waren wir mit Wägen der Kisten, Kopieren vom Ausweis, Ausfüllen der Formulare und Abwickeln der Zahlung beschäftigt. Dazu kam, dass plötzlich im ganzen Postgebäude (und vermutlich auch im restlichen Stadtteil) der Strom ausfiel. So warteten wir - als vorderstes Glied einer langen Warteschlange - im Schein der Notlampe, bis die Elektrizität wieder einsetzte und das Computersystem wieder hochgefahren war.

Donnerstag, 29. Januar 2009

Entenschlucht

Bei der 44-Jahr-Feier des Dorfes Catac (die Peruaner finden immer einen Anlass für ein Fest...) wurden wir Zeugen eines Geschicklichkeits-Wettbewerbes. "Campesinos" mit ihren Pferden versuchen, in schnellem Galopp mit einem spitzen Holzspiess möglichst viele Bändel mit einem Ring zu erwischen. Nicht alle Reiter hatten ihr Tier besonders unter Kontrolle, weshalb ein Sicherheitsabstand von Vorteil war.


Huaraz

Bald erreichten wir die Stadt Huaraz, welche durch seine malerische Lage am Fusse der weiss verschneiten Gipfel der Cordillera Blanca bei Bergsteigern (so genannten Andinisten) sehr beliebt ist. Wir selber bekamen von diesem Panorama nur an einem einzigen Morgen etwas zu Gesicht, denn bereits am Mittag war das Gebirge wieder von dunkelgrauen Wolken umhüllt, welche sich in dieser Jahreszeit täglich bilden. So reizte uns ein Ausflug in die Berge sehr beschränkt...

Wir genossen eher das gemütliche Hostal "Familia Meza Lodging", welches mit einer kleinen Küche, einer sonnigen Dachterrasse und sogar weichen Frottetüchern für unser Wohlbefinden sorgte.

Eines Abends lernten wir in einer Rockbar den jungen Besitzer Markus kennen, welcher uns mit einem kniffligen Trinkspiel das Portemonnaie leeren wollte. Bestimmt rechnete er nicht damit, dass die beiden Ingenieure studierend über eine Stunde über dem Spiel verharren würden, bis sie den Trick raus hatten und so das Blatt wenden konnten ;-)

Während der Weiterfahrt nach Caraz verlor Didi seine schon etwas abgenutzte Windstopperjacke, welche er mit dem Spannset auf den Anhänger geschnallt hatte. Auch die sofortige Fahrt zurück mit einem Bus brachte nichts - er fand sie nicht mehr. Die war vermutlich längst in den Händen eines glücklichen Peruaners.

Schmunzeln mussten wir dann während des Abendessens über die Bedienung im für peruanische Verhältnisse vornehmen italienischen Restaurant: die Serviertochter legte uns nach dem Auftischen des Essens die Serviette über den Oberschenkel.

Canyon del Pato (Entenschlucht)

Dann begann die Fahrt durch die spektakuläre Entenschlucht, wo sich der Rio Santa eine tiefe Schlucht zwischen die beiden Gebirgszüge Cordillera Blanca und Cordillera Negra gefressen hat. Durch über 20 in den Felsen gehauene (und nicht beleuchtete) Tunnels führt die schmale Strasse hinunter Richtung Küste.


Vielerorts war die Schlucht so schmal, dass die gegenüberliegende Felswand zum greifen nah schien.


Nach der Ortschaft Huallanca, welches eigentlich nur Stützpunkt des nahen Wasserkraftwerks ist, veränderte sich die Landschaft schlagartig: Bergflanken in den verschiedensten Farben (braun, rot, schwarz, grün) bildeten hier eine atemberaubende Kulisse.


Übernachtet haben wir im Dörfchen Yuramarca, welches uns absolut nicht gefiel: schon am Dorfeingang war die Strasse gesäumt von Müllhalden und sogar im belebten Dorfzentrum wurde der Abfall einfach auf der Strasse entsorgt. Ähnlich übel war auch unsere Unterkunft (die einzige im Dorf). Zwar hängte die Matratze nicht durch wie sonst vielerorts, doch die Bettanzüge stanken nach altem Schweiss, wogegen auch der eigene Schlafsack wenig half.

Dann wurde die Strasse flacher, aber trotz Gefälle sorgten der starke Gegenwind und die holprige Schotterpiste dafür, dass wir nur mit Mühe und sehr langsam vorwärts kamen.


Auch nach über 2 Monaten Aufenthalt in Peru entdeckten wir noch immer neue Früchte. Diese roten Bananen zum Beispiel schmecken noch besser als ihre herkömmlichen gelben Kollegen.


Und nochmals überraschte uns eine landschaftliche Veränderung: mit langen Bewässerungskanälen am Rand des breiter werdenden Flusses wurden Reisfelder bewässert und so die eigentlich trockene Region fruchtbar gemacht. Hier kam zudem auch wieder unser Antibrumm zum Einsatz.


An der Küste stiessen wir auf die stark befahrene aber gut ausgebaute Panamericana, auf welcher wir nach einigen langweiligen Kilometern durch Sandwüsten die Küstenstadt Trujillo erreichten, wo es kurz zuvor seid Monaten wieder einmal geregnet hat. Die meisten Häuser sind nicht für Regenfälle gebaut, was vielerorts zu Überschwemmungen im Haus führte und die Leute behalfen sich mit grossen Planen über den Dächern.


Trujillo

Auch in unserer Unterkunft war das nicht anders. Wir suchten die unter Radtoureros bekannte Casa de ciclistas auf, welche der ehemalige peruanische Radprofi Lucho seid Jahren hier betreibt. In seinen Gästebüchern findet man Einträge von Veloreisenden aus aller Welt, welche hier Halt gemacht hatten.


Beeindruckt hat uns nicht nur die sehr gastfreundliche und unkomplizierte Art von Lucho und seiner Familie (mi casa es tu casa - mein Haus ist dein Haus), auch die köstlichen Torten von seiner Frau Araselli zauberten ein Strahlen auf unsere Gesichter.


Von hier aus unternahmen wir verschiedene Ausflüge in die nähere Umgebung. Einerseits zum historischen Komplex Huaca del sol & Huaca de la luna, zwei aus Millionen von Lehmziegeln gebauten Pyramiden, welche nun in aufwändiger Arbeit wieder vom Sand befreit werden.



Andererseits gönnten wir uns einen Tag "Strandurlaub" und radelten auf der zweispurigen Strasse ins Dörfchen Huanchaco, einem Ibiza von Peru. Neben tausenden von Trujeños lagen auch wir in die Sonne und genossen den Sprung in den angenehm warmen Pazifik.


In unserem Wohnquartier spielte eine Gruppe Jugendlicher jeden Abend Volleyball - aber ohne Netz und auf offener Strasse. Wenn ein Fahrzeug hupend heranbrauste, machte man einfach kurzzeitig eine Gasse und spielte danach weiter. Da (ohne Netz und Linienrichter) nicht immer klar war, wem der Punkt nun gehörte, entfachte sich nach jedem zweiten Punkt eine lautstarke Diskussion, welche meistens die Partei mit der energischsten Stimme gewann. Als wir eines Abends einige Sätze mitspielten, überliessen wir diese Streitgespräche den "Locals" und beschränkten uns aufs Spielen.

Samstag, 10. Januar 2009

4874 Meter über Meer

In La Unión legten wir zwei velofreie Tage ein, damit Didi seinen Verdauungstrakt besänftigen konnte. Während dessen begab sich Adi auf Erkundungstour. Die Wanderung führte durch eine über der Stadt gelegene Hochebene. Verstreute Siedlungen, weidende Pferde und diverse Vogelscharen erinnern eher an die ungarische Puszta als an die peruanischen Anden.

Dunkelgraue Gewitterwolken bildeten die Kulisse für die Besichtigung der Überreste der Inkastätte Huánuco Pampa. Die Mauer auf dem Bild gehörte zu einem Tempel. Noch heute wird hier jährlich ein Fest zu Ehren der Sonne veranstaltet.


Um nach Huaraz und anschliessend nach Trujillo zu gelangen, waren ein letztes Mal hohe Andenpässe zu überqueren. Eine erste Tagesetappe ab La Unión führte uns nach Huanzala, eine auf rund 4000 Metern über Meer gelegene Bergbaustadt, wo wir in einer Bergarbeiterwohnung logieren durften.

Am nächsten Tag ging es bei schönem Wetter weiter aufwärts. Die einzigartige Berglandschaft mit Gesteinen in allen erdenklichen Formen und Farben entschädigte die Mühen des Anstiegs!


4874 Meter über Meer zeigte schliesslich Didis GPS-Gerät an der höchsten Stelle. Höher als der höchste Berg der Alpen, der Mont Blanc! Doch anders als bei uns in Europa ist hier die Planzenwelt in dieser Höhe noch erstaunlich vielfältig.


In dieser Umgebung könnte man Tage verbringen um die Eindrücke mit der Kamera festzuhalten! Leider verschlechterte sich das Wetter zunehmend, so dass einerseits die optimale Beleuchtung für Fotos fehlte, andererseits die aufziehenden Gewitter zur Eile antrieben.


Dunkle Wolken umhüllten uns. Die einsetzenden Hagelschauer gingen schliesslich während der Talfahrt in Regen über. Die letzten zwei Stunden unserer Königsetappe standen dann ganz im Zeichen von Durchnässung und eisiger Kälte. Während den gelegentlichen Zwischenstopps versuchten wir jeweils die gefühllosen Finger wieder einigermassen aufzutauen. Die Füsse liessen erst im Hostal mit einer warmen Dusche aufwecken.

Silvester / Neujahr

Bevor wir Huánuco verliessen, wurden wir von verschiedenen Seiten gewarnt, die Leute im kommenden Tal seien sehr unfreundlich und wir sollen auf keinen Fall wild zelten, lieber einen Bauern um Erlaubnis fragen, ob wir auf seinem Grundstück übernachten dürfen. Von dieser "Unfreundlichkeit" merkten wir auf der ganzen Strecke absolut nichts.

Kurz nach der Stadt waren Arbeiter daran, Bäume am Strassenrand zu fällen. Leider war nichts beschildert und so stoppten wir instinktiv, als vor uns eine Motorsäge aufheulte und kurz darauf ein Baum über die Strasse krachte.


Kurz vor Einbruch der Dunkelheit schauten wir uns nach einem ebenen Plätzchen um, um das Zelt aufzubauen. Ein kleines Mädchen kam zu uns hin und erklärte uns, ihre Abuelita (Oma) hätte ein Zimmer für uns. Kurz darauf bezogen wir so unser Indoor-Nachtlager im oberen Stock einer Lehmhütte. Das einzig beängstigende war der Boden, der bei jedem Tritt einige Zentimeter einsackte.


Der nächtliche Regen weichte die Strasse derart auf, dass der folgende Tag eine rechte Schlammschlacht wurde.


In Peru - so kam es uns vor - wird zwischen Weihnacht und Silvester durchgefeiert. Am 31.Dezember stiessen wir in jedem Dorf auf Silvesterkläuse, die maskiert und tüchtig angetrunken die Passanten (Rad, Auto, Car) aufhielten und sich so einige Soles für den nächsten Drink "ergattern" wollten. Am einfachsten kamen wir mit viel Anlauf durch solche Strassensperren.


Die Silvesternacht verbrachten wir dann in Chavinillo, einem kleinen Bergdorf, wo höchst selten ein Gringo auftaucht. Die Restaurantbesitzer Familie Muñoz nahm uns herzlich in ihre Runde auf und wir tranken einige Gläser Bier zusammen. Danach liessen wir mit einer maskierten Gruppe "Negritos" und mit Guggenmusik auf der Dorfplaza und in der Kirche das alte Jahr ausklingen. Als Abschluss wurden wir von den Muñoz zum Mitternachts-Mahl eingeladen, einer Suppe, Panetone und heisser Schokolade.


Leider begann dann der erste Januar für Didi mit einer erneuten "Magen-Darm-Störung" (-> nein, daran war nicht der Alkohol schuld!), weshalb wir nach einer kurzen Weiterfahrt in Tingo Chico Halt machten. Die einzige Verpflegungsmöglichkeit war eine Art "Snack-Bude", wo es als einzige Speise Pachamanca gab, eine traditionell in einem Erdloch auf heissen Steinen gegarte Spezialität Perus mit Kartoffeln, Erbsen, Fleisch und süssen Maistaschen. Auf unserem Teller landeten zwar nur ein paar trockene "Gschwellti" und ein Stück Schweinefuss, welchen wir hungrig abnagten, während uns durch das Blechdach der Regen auf den Kopf tropfte...

Tags darauf setzten wir die Reise durch das grüne Tal bis nach La Unión fort. Unterwegs machten wir im Dorf Pachas einen kurzen Halt um etwas zu trinken. Wir zählten dabei 40 Personen, welche sich um unsere Räder scharten und vor allem von der Strassenkarte extrem beeindruckt waren. Hierzulande kriegen die Schüler bestimmt keine "Schulkarte Peru".