Samstag, 30. August 2008

Kupfermine Chuquicamata

Nur ca. 18km nördlich der Stadt Calama liegt die grösste Kupfermine der Welt, welche schon von weitem durch den aufgewirbelten Staub zu erkennen ist. Wir beteiligten uns an einer Besichtigung und bekamen so einen Eindruck des gewaltigen Ausmasses der Anlage und ihrer Problematik.


Per Bus wurden wir erst durch die evakuierte Stadt Chuquicamata chauffiert, welche vor 4 Jahren komplett geräumt werden musste. Einerseits, weil sich unter dem bewohnten Gebiet Kupfer befindet, andererseits weil ein Wohngebiet so nah an einer Mine (Industriezone) nicht den internationalen Umweltbestimmungen entspricht. Die Regierung unterstützte die nach Calama umgesiedelte Bevölkerung finanziell.

Die "Geisterstadt" ist zwar komplett ausgestorben, durch ihr junges Alter jedoch in einem intakten und modernen Zustand. Ziemlich wehmütig zeigte unsere Tourleiterin, wie die aufgehäuften Gesteinsmassen langsam die Stadt zudecken und erklärte uns, dass sich unter dem künstlichen Berg das 1980 errichtete seinerzeit modernste Spital Lateinamerikas befindet.


Weiter ging die Führung an den Rand der grössten Abbaugrube. Diese ist über 4km lang, 3km breit und 1000m tief! Rund um die Uhr werden hier mit über 100 Muldenkippern im Schritttempo riesige Gesteinsmassen aus der Tiefe gekarrt. Diese Viecher haben eine Nutzlast von 360 Tonnen, sind selber schon 230 Tonnen schwer und dürfen unbeladen mit 60km/h in der Mine rumdüsen.


Vorbei an der eigentlichen Fabrik, wo aus dem Erz das Kupfer und andere Metalle gewonnen werden, erklommen wir auch noch den "Vorratsberg" der Mine, von wo aus man einen spektakulären Blick über eine benachbarte Anlage und die Stadt Calama hatte.


Wer Zeit hat, kann sich übrigens per Google-Maps die Anlage aus der Vogelperspektive betrachten, man erkennt sogar die Kipper in der Grube...

Unterwegs in die Kupferstadt

Die Weiterfahrt aus Antofagasta heraus startete zunächst mit einem Anstieg aus Meereshöhe auf rund 500m, durch ein steiniges Tal. Das folgende Schild hat bestimmt auch für uns gegolten; "Geschwindigkeit reduzieren, Schwertransporte verkehren langsam".


Danach wurde die stetige Steigung angenehmer, so dass wir mit leichtem Rückenwind an diesem Tag über 100km zurücklegten, von Meereshöhe auf 1200m.ü.M. In einem kleinen Dörfchen (Baquedano) erfrischten wir uns mit Glace und Fanta, bevor wir den antiken Bahnhof erkundeten. Da stehen wildwestmässig alte Dampflocks herum, welche der Verrostung überlassen werden.


Laut unserem Velo-Reiseführer sollte es an unserem Tagesziel Carmen Alto eine Tankstelle mit Shop und Duschen haben. Darauf freuten wir uns natürlich besonders nach dieser schweisstreibenden Etappe. Ernüchternd erfuhren wir, dass der Shop und die Baños sonntags geschlossen sind. Ausnahmsweise öffnete eine Angestellte und verkaufte uns wenigstens Wasser und mit viel Überredungskunst ergatterte Didi einige Brötchen für das Morgenessen. Campiert haben wir (ohne Duschen) etwas abseits der Strasse.


Am nächsten Tag verliessen wir die Ruta 5 (Katja wurde fast etwas wehmütig...) und passierten eine Gegend, welche vor rund 100 Jahren Standort einiger grosser Salpeterminen war. Die Häuser der damaligen Minenarbeiter sind bis auf die Grundmauern verfallen und bilden so richtige Geisterstädte.


Ein weiterer Höhepunkt dieser Tagesetappe war die Oase Sierra Gorda. Ein grünes Dörfchen mit flotten Bewohnern inmitten des sandigen Nichts. Hier konnten wir uns mit Wasser, ja sogar mit frischem Gemüse für den Znacht und Eiern fürs nächste Frühstück eindecken. Zugegeben, es war eine gewisse Herausforderung, den Inhalt der Eier und das Mehl in eine Petflasche zu bringen und eine Pancake-Mischung zu mixen. Dank Ausblas-Technik landeten schliesslich alle Eier in der Pfanne.


Von hier war es nur noch ein Katzensprung bis nach Calama, der nächsten Stadt auf unserer Route. Da wir zeitig in der Hochburg für den Kupferabbau ankamen, nahmen wir uns für die Suche einer Unterkunft etwas mehr Zeit. Erst bei der neunten angeklopften Tür quartierten wir uns ein, da es entweder kein freies Zimmer hatte oder Preis-Leistung nicht passten.

Antofagasta

Die Pausentage in Antofagasta taten gut. Wir besuchten das etwas ausserhalb der Stadt gelegene Wahrzeichen La Portada, welches einem übergrossen Torbogen gleicht. Diese Felsformation besteht aus einem Gestein aus Lava und zusammengepressten Muscheln.


Dass dieser Ort auch Brutplatz und Lebensraum von verschiedenen Vogelarten (Kormoran, Möve, Pelikan) ist, war "unüberriechbar". Es stank am Strand wie in einem ungemisteten Hühnerstall.


Auf der malerischen und blumenbepflanzten Plaza der Stadt genossen wir die Sonne. Didi wurde dabei von einem Hexen-Clan heimgesucht. Die in langen Röcken gekleideten Frauen mit wilden Frisuren wollten entweder ein paar Pesos für ihre Babies oder einem das "Glück" aus der Hand lesen. Erst nach der vierten (!) Absage liessen sie ihn in Ruhe und konzentrierten sich auf andere Opfer.

Donnerstag, 21. August 2008

Wuesten-er-fahrungen

Von Copiapo nach Chañaral


Noch bevor wir Copiapo verliessen, erreichten wir unseren 5000-sten Velokilometer, was wir natuerlich festhalten mussten. Zu unserer Ueberraschung auf einem richtigen Radweg (!) fuhren wir entlang der Panamericana in Richtung Westen und kamen durch das anfangs noch sehr gruene Tal des Rio Copiapo.


Reben von Pisco-Trauben, Olivenhaine und Palmen saeumten die Strasse, welche vorwiegend abwaerts fuehrte. Ein kraeftiger Gegenwind blies uns entgegen, die Gegend wurde langsam wieder trocken und sandig und je mehr wir uns dem Meer naeherten, desto mehr bewoelkte sich der anfangs stahlblaue Himmel und es wurde richtig kuehl. Als wir im kleinen Nest Bahia Inglesa ankamen, waren wir recht enttaeuscht: Erzaehlungen zufolge erwarteten wir einen Traumstrand, was wir vorfanden war eine eher schmutzige, stinkende Bucht, die zusammen mit dem duesteren Himmel einen ziemlich trostlosen Eindruck hinterliess. Wir entschlossen uns, noch ein paar Kilometer weiter nach Caldera zu fahren, wo wir ein gemuetliches Zimmer bezogen.

Am naechsten Tag gings mit viel Rueckenwind weiter nach Chañaral. Das war eine wunderschoene, 91km lange Fahrt entlang der Kueste mit Sandstraenden und Klippen zu unserer Linken und der Wueste mit ihren Huegeln aus Sand und Steinen mit einigen knorrigen Bueschen und Kakteen zu unserer Rechten.


Pan de Azucar

Chañaral verliessen wir auf einer Naturstrasse, welche uns durch den wunderschoenen Nationalpark Pan de Azucar fuehrte und uns zur Abwechslung eine verkehrsfreie Strecke abseits der Ruta 5 bescherte, was wir sehr genossen.


Der Park ist landschaftlich sehr reizvoll, mit weissen Sandstraenden entlang vom blauen Meer und braunen, gruenen und lilafarbigen Huegeln. Waere man zum richtigen Zeitpunkt hier, wuerde man auch Pinguine vorfinden...


Als wir wieder zur Ruta 5 kamen, fuellten wir bei einer Posada als erstes unseren Wassersack. Auf Didis Frage, wie weit entfernt die naechste Posada sei, antwortete die Wirtin: "Eine Stunde". Wahrscheinlich hat sie nicht eine Velostunde gemeint...

Bald gings bei viel Gegenwind lange bergauf. Die freundlichen Camionfahrer hupten und winkten uns wieder freudig zu, aber wir konnten unsere Lenker nun beim besten Willen nicht loslassen um zurueckzuwinken. Als wir oben ankamen, zeigte Didis GPS, dass wir gerade mal schnell knapp 800 Hoehenmeter hinter uns gebracht haben.


Die Abfahrt war dann nicht ganz so erholsam wie erhofft: grosse, tiefe Loecher in der Strasse und ein nicht mehr befahrbarer Seitenstreifen nebst einigem Verkehr forderten unsere ganze Aufmerksamkeit.
Mitten in "La Nada" schlugen wir schliesslich kurz vor Sonnenuntergang umgeben von braun-sandigen Huegeln unser Nachtlager auf. Es war ein herrlich lauer Abend und wir sassen bei Vollmond und Sternenhimmel noch eine ganze Weile draussen und genossen die Stille der Wueste.

Taltal

Weiter gings wieder bei schoenstem Sonnenschein und Gegenwind durch die braunrote Wueste auf unendlich langer, schnurgerader Strasse immer leicht aufwaerts, bis wir schliesslich nach 30 Kilometern Fahrt zu einer Posada und der Abzweigung nach Taltal kamen. Wir staunten nicht schlecht, hatten wir diesen Ort doch erst etwa 30 Kilometer spaeter erwartet. Auf Nachfrage bei der Posada stellte sich heraus, dass bei der Distanzangabe auf unserer Karte ein Druckfehler unterlaufen ist.

Wir befanden uns immernoch auf ca. 800 m.ue.M und das auf Meereshoehe liegende Taltal war gerade noch 25 Kilometer entfernt. Wir stellten uns auf eine rauschende Abfahrt ein und zogen schon Mal unsere Jacken an. Diese konnten wir dann auch gut gebrauchen. Nicht, dass wir so schnell gefahren waeren, aber der Wind blies uns so stark entgegen, dass wir selbst bergab noch strampelten.

Taltal empfing uns wie viele Orte am Meer mit dichten Wolken. Wir machten uns bald auf die Suche nach einer Bleibe, was einmal mehr nicht ganz einfach war: oft gibts hier Hostels, deren Zimmer keine Fenster haben. Wenn man in so einem Zimmer etwas sehen will, muss man den Fernseher einschalten, welcher im Gegensatz zu den Fenstern praktisch nie fehlt.

Lustig, was man alles sieht. Katja kam grinsend von einer Hostelbesichtigung zurueck auf die Strasse: die Señora der Unterkunft war ein Mann in langem Rock, geschminkt und mit Lockenwicklern im Haar und er - entschuldigung - sie erklaerte freundlich, das Hostel sei ausgebucht. Doch wie so oft lohnte sich unsere Geduld und wir fanden ein huebsches Plaetzchen mit Terasse direkt am Meer.



Hier liess es sich sehr gut leben und wir goennten uns in Voraussicht einer langen, einsamen Veloetappe einen Pausentag. Diesen verbrachten wir mit Velos haetscheln, lesen, Pelikane und Seehunde beobachten, einem Dorfspaziergang mit Hafenbesichtigung und einem Besuch im Internetkaffee.


Auf nach Antofagasta

An einem duesteren Morgen verliessen wir Taltal auf der Ruta 1 der Kueste entlang. Gerade als wir nach 55 Kilometern Fahrt das winzige Doerfchen Paposo erreichten, fing es an zu nieseln. Genau hier, wo wir ca. 13 Liter Wasser fuer die folgenden Tage "auftankten", bog die Strasse von der Kueste ab ins Inland und begann steil anzusteigen. In Versuchung, diese Steigung zu umfahren, erkundigten wir uns nach dem Zustand der weiter der Kueste entlangfuehrenden Ruta 1. Sehr schlecht sei sie und war auf der Karte auch nur noch gepuenktelt eingezeichnet.

Etwas ratlos standen wir da und entschieden uns schliesslich fuer die Bergvariante, fest entschlossen, den erstbesten uns einholenden Pickup anzuhalten. Dieser liess nicht lange auf sich warten und lud uns auf. Als wir eine der in Chile zahlreich vorhandenen Gebetsstaetten am Strassenrand passierten, bekreuzigte sich unser Fahrer. Er wird gewusst haben warum. Wenig spaeter haetten wir ihn... naja, erstmals waren wir froh und dankbar, dass er uns mitgenommen hat. Die dichten Wolken, welche wir vorhin von unten gesehen hatten, durchquerten wir nun und es ging ewig lang im Nebel auf holprigem Kies steil bergauf. Wir waren heilfroh, im Auto zu sitzen.

Als wir "oben" ankamen, lachte die Sonne vom wolkenlosen Himmel, wir hatten gerade ca. 1400 Hoehenmeter Steigung "gespart" und unser Chauffeur verkuendete uns die frohe Botschaft, dass es von nun an die ganze ca. noch 170 km lange Strecke bis Antofagasta nur noch bergab gehe. Freude herrschte, jedoch nicht lange. Nach der ersten Kurve breitete sich eine endlos erscheinende, sich sanft einen Huegel hinaufschlaengelnde Strasse vor uns aus. Dazu kam ein Wind, der uns manchmal fast von den Velos blies.


Wir hofften, der Wind lasse nach Sonnenuntergang nach und fuhren eisern den Berg hinauf. Nach ueber zwei Stunden und 15 km Fahrt kamen wir auf der Kuppe an und sahen gleich an die Naechste. Es daemmerte und Katja machte langsam schlapp. Nach kurzer Zeit gab auch Didi seine Hoffnung auf ein Nachtlager im Windschatten auf und wir schlugen auf rund 2000 m.ue.M am bisher hoechsten Punkt unserer Reise unser Zelt auf.

Am naechsten Morgen blies der Wind weiter wie gehabt. Wir staerkten uns mit Habermues fuer die Weiterfahrt, legten mit vereinten Kraeften das Zelt zusammen und verliessen unser staubiges Quartier. Wie schon der Wind aenderte sich auch der Srassenverlauf nicht: es ging endlos geradeaus-bergauf und wenn's mal fuer kurze Zeit bergab ging, sah man von weitem schon die naechste Steigung und der Wind blies so stark, dass wir selbst abwaerts noch strampelten wie wild. Von wegen nur noch bergab bis Antofagasta! Katja war froh und dankbar um Didi's Windschatten, doch auch der brachte nur begrenzte Erleichterung. Wir zappelten ueber vier Stunden durch die Wueste und bewaeltigten in dieser Zeit gerade mal 35 Kilometer.


Als wir -wiedermal eine Huegelkuppe weiter- eine kleine Pause machten, hielt ein kleiner Camion an und der Fahrer fragte uns, ob wir mitreiten wollten. Dankbar nahmen wir sein Angebot an und liessen uns gerne die endlich letzte Steigung hinaufchauffieren. Das waren vielleicht nur 15 Kilometer, doch es ersparte uns sicher zwei Stunden Fahrt und einige Schweissperlen. Gluecklich konnten wir anschliessend bei nachlassendem Wind unsere Velos wiedermal einige Kilometer hinuntersausen lassen und fanden bald ein geschuetztes Plaetzchen hinter einer Sandduene zum uebernachten.


Trotz schwindender Nahrungs- und Wasserreserven gab's an diesem Abend ein 5-Gang Menue: Quicksuppe, gefolgt von Thonsalat mit Zwiebeln, Linsen aus der Dose, Nudeln mit aus dem Abgiesswasser hergestellter Paeckli-pfeffersauce und Dosenpfirsiche als Dessert. Wir genossen den Abend und die Stille ohne den Wind.

Am naechsten Morgen wurden wir von der Sonne und der Hitze im Zelt geweckt. Es war ohne den Wind so heiss, dass einem die Schweissperlen herunterliefen ohne dass man sich gross bewegte. Jetzt war es noch ein Katzensprung nach Antofagasta. Wir teilten bruederlich unser letztes Wasser und fuhren bei ertraeglichem Gegenwind und kontinuierlich leichtem Gefaelle der Strasse unserem naechsten Ziel entgegen.


Antofagasta empfing uns mit palmengesaeumten Strassen entlang des blauen Meeres und frisch gesprengten, duftenden Rasenflaechen. Wie lange haben wir schon kein Gras mehr gerochen!

Als erstes gab's gleich einen Cheeseburger fuer Didi und ein herrlich kuehles Glace fuer Katja bei McDonalds, womit wir uns ans Meer setzten und nach einer strengen aber schoenen Wuestenetappe unsere Ankunft in der Zivilisation genossen. Jetzt haben wir zwei Tage Pause verdient.

Dienstag, 12. August 2008

Atacama

Vor unserer Weiterfahrt besorgten wir uns in einem Fahrradladen in La Serena zwei zusätzliche Bidonhalter, welche Didi an seinen Anhänger schraubte. Wir wollten einfach auf Nummer sicher gehen, da ab nun im wahrsten Sinn des Wortes "Durststrecken" zu überstehen sind.

Weiter auf der Ruta 5 verliessen wir nach zwei Pausentagen La Serena und damit bald auch die fruchtbare und grüne Landschaft. Die folgenden Tage waren fast durchwegs wolkenlos und die brennende Sonne sowie das hügelige Geländeprofil entlockten uns einige Schweissperlen.


Unterwegs kreuzten uns am ersten Tag drei Schwertransporter, welche die Ladebrücken dreier Muldenkipper transportierten, wie sie hier in Minen für den Transport des gelössten Gesteins verwendet werden. Es handelt sich hier um Metallbehälter von 7 Meter Breite und wir staunten nicht schlecht, als diese Kolosse an uns vorbeizogen.


Wir wählten unsere Etappenlängen so, dass wir abends immer an einem Ort landeten, wo wir Wasser für das Abendessen und für den nächsten Tag erhalten konnten. Das erste Nachtlager war etwas ausserhalb des Dorfes El Trapiche, wo wir umgeben von Kakteen unser Zelt errichteten.


Zum Glück kriegten nur unsere Hände und Füsse ein paar Stacheln ab, nicht aber die Pneus unserer Räder...


Wir übten uns im Minimieren des Wasserbedarfs. Im Bewusstsein, dass wir im Altiplano (Bolivien) teilweise für mehrere Tage das Wasser mitführen müssen, versuchten wir schon in diesen Tagen, möglichst wenig Wasser zu "versauen". Am besten spart man Wasser bei der täglichen Toilette, so mussten ca. 2 dl für eine abendliche Dusche ausreichen... Wir tranken fast immer eine nährende und salzspendende Suppe vor der Malzeit und prüften u.A., wieviel Wasser beim Abgiessen von Pasta verloren geht.


Am zweiten Tag ging es dann während strengen 40km nur bergauf und wir erreichten unseren bisherigen Höchstpunkt von 1263m. Während dem Aufstieg über grosszügige Serpentinen kamen wir uns zeitweise vor wie Sportler an einem Marathon, weil uns praktisch alle vorbeifahrenden Fahrzeuge (bzw. deren Lenker) motivierend zuhupten und winkten.


Für die nächste Übernachtung besorgten wir im Wüstendorf Domeyko Wasser, Brot und Früchte für den nächsten Tag. Obwohl Domeyko aus nicht mehr als einer Häuseransammlung in einem ausgetrockneten Tal besteht, besuchten wir 4 (!) Läden und zum Schluss noch einen Privathaushalt, bis wir alle unsere Siebensachen beisammen hatten. Die Nacht verbrachten wir dann wieder etwas ausserhalb der Siedlung in komplett pflanzenloser und flacher Steinwüste.


Da uns die Bedingungen geeignet erschienen, entschieden wir uns für eine Übernachtung unter freiem Himmel und steckten unsere Schlafsäcke in die ausgebreitete Zeltunterlage. Die Nacht war dann angenehm "warm" und wie halt Übernachtungen unter freiem Himmel sind: traumhaft. Wer weiss übrigens ohne nachzulesen, weshalb es in der Wüste tagsüber so heiss und nachts so kalt wird? Hier die Lösung.


Am nächsten Tag erreichten wir Vallenar, welches das Zentrum des Olivenanbaus von Chile ist. Dies zeigte sich uns jedoch lediglich an den Verkäufern, welche vor dem Supermarkt ihre frischen Oliven anpriesen. Die Felder mit Olivenbäumen suchten wir vergebens. Mit wieder einmal einem Riesenglück fanden wir eine passende Bleibe: wir sassen ratlos auf der Türschwelle eines Hotels, als uns ein Herr ansprach und uns ein Zimmer in seinem Haus anbot. Er erzählte uns auch, dass es in Vallenar ganze 6 Jahre lang nicht mehr geregnet hätte.

Der Strassenverlauf der nächsten 2 Tage änderte sich dann insofern, als nun auch noch die Kurven ausblieben. Auf fast komplett gerader Piste durchquerten wir eine sandige Gegend, in welcher man den Gegenverkehr schon 15km voraus sieht.


Aber Vorsicht bei unbewachten Bahnübergängen: just als wir einen solchen passieren wollten, kreuzte ein Zug die Strasse auf dem Weg in eine Eisenerz-Mine.


An diesem Punkt trafen wir auch einen Typen, welcher scheinbar CD's verkaufte, dies aber völlig abseits vom Menschenstrom, inmitten der Steppe. Das kam uns schon etwas suspekt vor und unser Verdacht auf irgend ein krummes Geschäft erhärtete sich, als wir ihn dabei beobachten konnten, wie er aus einem nahegelegenen Versteck ein Plastiksack hervorholte, als ein "Kunde" anhielt.

Unsere nächste Wasserquelle war "Posada El Pajarito", ein Restaurant, welches nebenbei eine Art Kleintierzoo (Hühner, Enten, Guanakos, Lamas, Alpakas, Meerschweine, ja sogar einen Affen) unterhält. Auf komplett sandigem Untergrund übernachteten wir einmal mehr "wild", wobei wir am nächsten Morgen von 100%-iger Luftfeuchtigkeit begrüsst wurden. Es gibt also auch Nebel in der Wüste.


Im Laufe des Tages verzogen sich die Wolken jedoch wieder und wir genossen schlussendlich eine 12km lange Abfahrt in die Stadt Copiapo, wo wir uns einen wohlverdienten Pausentag genehmigen, nach 5 eindrücklichen, schweisstreibenden, stacheligen, strengen und sonnigen Tagen im Sattel.

Dienstag, 5. August 2008

Valparaiso bis La Serena

Als wir uns in Valparaiso zur Weiterfahrt bereit machten, versammelte sich das halbe Hostal um uns und unsere bepackten Raeder. Fotos wurden gemacht und an diesem sonnigen Tag haetten einzelne vermutlich gerne mit uns "verrueckten" Abenteurern getauscht.


In anfaenglich ziemlich starkem Stadtverkehr schlaengelten wir uns durch die Buskollonnen. Dies besserte jedoch nach einigen Kilometern und ab Puchuncavi war die Kuestenstrasse uebersaeht mit protzigen Villen. Hier haetten die Schoenen und Reichen aus Santiago ihre Ferienhaeuser, wurde uns gesagt. Da es in unserem geplanten Tagesziel Zapallar im einzigen Hostal kein freies Bett mehr hatte, fuhren wir bei einem traumhaften Sonnenuntergang noch 10km weiter ins Dorf Papudo.

Am naechsten Tag trafen wir auf die Panamericana, die laengste Nord-Sued-Verbindungsstrasse von Alaska nach Feuerland. Auf dieser "Autobahn" mit genuegend breitem Seitenstreifen rollten wir bei traumhaftem Wetter ein rechtes Stueck weiter nordwaerts bis nach Los Vilos. Kurz davor stellte Katja bei ihrer Velokette ein defektes Glied fest, weshalb wir diese durch die Ersatzkette austauschten.

Los Vilos war ein huebsches Staedtchen und wir quartierten uns in einem einfachen Hospedaje mit Meerblick ein. Das Gebaeude war jedoch so verwinkelt gebaut und schlecht "abgedichtet", dass der Regen am naechsten Tag an verschiedenen Stellen ins Haus drang und wir in der Kueche behelfsmaessig Eimer aufstellten. Den Regentag nutzten wir als Pausentag.


Da die naechste Etappe einsamer wurde, stockten wir im Supermarkt unsere Vorraete auf und besuchten auch noch das lokale Fahrradgeschaeft. Der Laden erinnerte zwar mehr an einen Alteisenhaendler aber mit geschickten Handgriffen entfernte der Mechaniker das defekte Glied aus der Kette und schenkte Didi noch ein paar Ersatzteile.

Kurz nach der Abfahrt musste dann auch noch der platte Reifen an Didis Anhaenger geflickt werden, welcher den Scherbenfeldern am Strassenrand nicht standhalten konnte.


Auf der Panamericana besteht der Verkehr zu 80% aus Schwerverkehr. Fernfahrer, welche ueber weite Strecken mit ihren Lasterzuegen zuruecklegen, hupten uns (oder vielleicht doch eher Katja?) freundlich zu.


Unterwegs staerkten wir uns an einem Kiosk mit ein paar Empanadas, frittierten Teigtaeschli, welche es mit verschiedensten Fuellungen gibt.


Das naechste Nachtlager war unser Zelt, welches wir bei einem Restaurant in Las Palmas (Wasserversorgung und WC war somit sichergestellt) aufbauen durften. Bei angenehmen Temperaturen genossen wir den Sonnenuntergang ueber einem riesigen Nebelmeer, begleitet von einer feinen Mondsichel und spaeter einen atemberaubenden Sternenhimmel. Nicht umsonst ist diese Gegend hier Standort fuer verschiedene Sternwarten, der Nachthimmel ist ueberdurchschnittlich klar.


Das Nebelmeer lernten wir dann am naechsten Tag von einer anderen Seite kennen, naemlich von innen. Der starke (Ruecken-) Wind blies die dichte Wolkendecke ins Landesinnere und so radelten wir einige Stunden in dichtem Nebel. Katja wurde es fast "truemmlig". Didi versuchte dagegen erfolglos, mit seiner Windstopperjacke ein Segel aufzuspannen, um die Windenergie zu seinen Gunsten zu nutzen. Es war ziemlich anstrengend, mit einem Arm Segelmast zu spielen und mit der anderen Hand zu lenken. Aber wenigstens verging so die Zeit im Nebel etwas schneller...


Im naechsten Dorf durften wir auf dem gruenen Gelaende eines Bauernhofes campieren. Neben einem Peperonifeld, einem Wasserteich und einem weidenden Pferd stellten wir unser Zelt auf. Ebenfalls benuetzen durften wir die verfallenen Freiluft-Knebel-WCs, welche (je nach wahl des Oertchens) freie Sicht auf die Panamericana boten...


Unter perfekten Bedingungen (Sonnenschein, Rueckenwind, flaches Gelaende) fegten wir tags darauf ueber eine Hochebene, welche uns sehr an die Pampa im Sueden erinnerte, ausser dass hier gelegentlich Kakteen in den Himmel ragen. Ueberhaupt hat sich die Vegetation waehrend der letzten Tage veraendert: man sieht am Strassenrand Olivenbaeume, Peperoni- und Artischokenfelder und der Boden ist vermehrt sandig, nicht nur entlang der Kueste.


Als wir unser naechstes Ziel La Serena erreichten, steuerten wir als erstes ein Strandkaffee an, streckten unsere Beine in die Sonne und goennten uns ein kuehles Cerveza.


Gut, nach 3 schweisstreibenden Radlertagen sehnten wir uns auch nach einer Dusche und so checkten wir im Hostal Rosita ein. Diese gemuetliche Unterkunft hat zu unserem Erstaunen gruene Innenhoefe, welche nicht ueberdacht sind. Auf Rueckfrage bei den Besitzern erfuhren wir, dass es hier im Winter (also jetzt) lediglich 4 mal regnet, im Sommer dann noch weniger. Das stimmt uns zuversichtlich und wir sind froh, den Winter bzw. die kuehlen Breitengrade nun endgueltig hinter uns gebracht zu haben.

Auf nach Valparaiso

Obwohl es uns schlussendlich in Santiago sehr gut gefallen hat und wir viel laenger da geblieben sind als wir urspruenglich erwartet hatten, konnten wir uns schliesslich doch losreissen. Wir verbrachten einen letzten erlebnisreichen Abend in einem typisch chilenischen Restaurant namens El Hoyo, was soviel wie "Loch" oder "Grube" heisst. In diesem urchigen Lokal trafen sich sowohl Arbeiter zum Feierabenddrink wie auch Leute, die einfach in autenthischem Ambiente auswaerts essen wollten, wie wir zum Beispiel. Eines hatten praktisch alle gemeinsam: sie tranken "Terremoto". Terremoto ist ein Getraenk aus Klumpen von Ananas-Sorbet, die in einer Art Weisswein schwimmen, welchen man ohne sie wahrscheinlich nicht trinken koennte. Als gut gruehrtes Gemisch ist dieses Getraenk jedoch koestlich und wir bestellten gleich zweimal davon. Eine Gruppe von Strassenmusikanten spielte Gitarre und sang und im ganzen Lokal herrschte froehlich-laute Stimmung.

Am naechsten Morgen packten wir also unsere Drahtesel und fuhren bei schoenstem Sonnenschein aus der Stadt hinaus auf die Autobahn, welche die einzige Verbindung zwischen Santiago und Valparaiso darstellt. Auf dem breiten Pannenstreifen und von maessigem Verkehr begleitet fuhren wir nun wieder dem Meer entgegen. Zwei Tunnels, die fuer Radfahrer verboten sind gab es unterwegs zu durchqueren. Beide passierten wir per Autostopp. Beim ersten nahm uns ein Pickup mit, das zweite Mal hielt ein riesiger Sattelschlepper und nahm uns mit.


Es gefiel uns so gut in diesem Vehikel, dass wir bis kurz vor Valparaiso mitfuhren, was uns gleich einen Tag frueher ans Ziel brachte. Die letzten 10 Kilometer in die Stadt brachten wir noch mit einer rauschenden Downhill-Fahrt hinter uns.

Valparaiso ist eine spezielle Stadt, die sich wie ein Teppich aus bunten Haeusern ueber die Huegel am Meer legt. Im Gegensatz zu den meisten Orten hier ist sie nicht quadratisch angelegt, sondern besteht aus labyrinthartigen Stassen und Gaesslein, die sich an den Huegeln entlang und auch steil hinauf und hinunter schlaengeln.


Diverse uralte, steile Standseilbahnen befoerdern Gehmuede ratternd von einem Stadtlevel auf das naechste. Sie gehoeren mitunter zu den Wahrzeichen dieser Hafenstadt.


Wir quartierten uns in einem Hostel mit richtigen Daunendecken (!) auf den Betten und herrlichem Fruehstueck mit Ruehrei und frischen Fruechten ein und verbrachten drei schoene, sonnige Tage in diesem sympathischen Ort. Wir besuchten das zum Museum umfunktionierte Haus des bekannten chilenischen Poeten und kommunistischen Politikers Pablo Neruda, schlenderten durch die Stadt, fuhren mit einer der Standseilbahnen, beobachteten die Seeloewen am Meer und genossen die Sonne.


Einmal machten wir einen Ausflug in den Nationalpark La Campana. Da gibts viele Kakteen und die typisch chilenischen Palmen in einer malerischen Huegellandschaft. Waehrend der Busfahrt dorthin flickte Didi seinen platten Reifen, den er sich auf der scherbenreichen Autobahn geholt hat. Bei einem kleinen Ort im Nichts setzte uns der Bus ab und wir schwangen uns auf unsere leichten, gepaecklosen Velos und fuhren an Orangen- und Zitronenplantagen vorbei in Richtung Nationalpark.


Auf dem Weg ueberholten wir Mario, der ebenfalls mit dem Velo unterwegs war und uns schliesslich den ganzen Nachmittag begleitete. Nachdem wir uns zuerst noch verfahren und eine aus einem wackeligen Holzbalken bestehende Bruecke ueber eine ueberschwemmte Stasse passiert hatten, fanden wir den Eingang zum Park.


Eine holperige, aber gut befahrbare Sandpiste fuehrte uns durch die wunderschoene Gegend an einen Aussichtspunkt hinauf, wo wir einen schoenen Blick auf die Vegetation, eine Felsformation und einen kleinen Wasserfall hatten. Mario, mit Wollmuetze und Lederjacke bekleidet und solche Biketouren sichtlich nicht gewohnt, hielt tapfer mit, war aber ziemlich erledigt als wir oben ankamen.


Nach einer kurzen Pause genossen wir den Downhill-Trail bei Sonnenuntergang und hatten einen Riesenspass. Als wir schliesslich im Dunkeln die Bushaltestelle an der Autobahn erreichten, verabschiedete sich Mario von uns und wir hofften, unser Bus wuerde dann auch anhalten, wenn er kaeme. Doch wie befuerchtet, hielt er nicht. So machten wir einmal mehr Autostopp und wiederum nahm uns ein freundlicher Sattelschlepperfahrer mit. Da er nicht bis Valparaiso fuhr, lud er uns im naechsten Ort wieder ab und erklaerte uns, wo das Busterminal war. Mit einem rumpelnden Kleinbus, der saemtliche Strassen eines jeden Ortes bis Valparaiso zu bedienen schien, erreichten wir nach ueber zweistuendiger Fahrt schlussendlich doch noch unser Ziel.