Samstag, 4. Oktober 2008

Potosí

Die Silberstadt liegt am Fusse des Cerro Rico auf 4060 m.ü.M. und ist die höchstgelegenste Grosstadt der Welt. Nach einigem suchen fanden wir ein angenehmes Residencial mit schönem Innenhof, wo es sich gut entspannen liess. Wir genossen vier Tage in dieser kontroversen Stadt und Didi konnte sich erholen und die verlorenen Reserven wieder auftanken.


Potosí ist eine sehr quirlige, lebendige Stadt mit einem grossen, farbenfrohen Markt, an dessen interessanten und unbekannten Produkten wir uns kaum sattsehen konnten. In Bolivien werden in den Strassen unzählige Esswaren und Getänke - meist in kleinen, durchsichtigen Plastiksäckchen - verkauft, wie wir sie noch nie gesehen haben. Eine spezielle Vorliebe scheinen die Leute hier für bunte Desserts aus Gelatine zu haben.


Potosí's Gassen zwischen den wunderschönen, im kolonialstil gebauten Häusern sind eng und eine Unmenge von Fussgängern und Autos zwängen sich aneinender vorbei, was mit einem ständigen Hupkonzert der sich Vorfahrt verschaffenden Autofahrer einhergeht. Schon lange haben wir nicht mehr so viele Autos gesehen.


Die Mine San Miguel

Wir entschieden uns, die Augen auch vor der weniger schönen Seite Potosí's nicht zu verschliessen. Die Stadt ist ein Minenort und obwohl die Silbervorkommen heute weitgehend ausgeschöpft sind, wird heute im Cerro Rico weiterhin unter unmenschlichsten Bedingungen nach Zink, Zinn und Blei geschürft.

Unsere Tour, geführt von José Antonio, einem ehemaligen Bergarbeiter, führte uns als erstes in den "Strassenmarkt der Bergarbeiter". Hier wird Dynamit wie Schockolade verkauft und ist jedermann frei zugänglich. In einem kleinen Laden erklärte uns José Antonio, dass die Minenarbeiter Cocablätter kauen um Hunger, Durst, Schmerz, Sauerstoffmangel und Müdigkeit weniger zu spüren und um den schädlichen Staub zu binden, den sie fortwährend einatmen. Staubmasken gibt es nicht.

Da es üblich ist, dass Besucher den Minenarbeitern Geschenke in Form von Cocablättern, Zigaretten und 96-prozentigem Alkohol - welchen sie dem "Tio" genannten Minengott, dem Teufel weihen - mitbringen, kauften wir von alledem etwas. Zusätzlich erstanden wir eine Portion Dynamit, um uns ein Sprengung demonstrieren zu lassen.


Wir erfuhren, dass Minenarbeiter meist sehr früh an einer Staublunge sterben, dass es üblich ist, dass auch Kinder in den Minen arbeiten und dass Söhne von Minenarbeitern normalerweise auch zu eben solchen werden. Wenn so ein Bergmann stirbt, muss oft die Wittwe arbeiten gehen um die Familie zu ernähren. Diese Frauen arbeiten ausserhalb der Mine, indem sie von Hand mit Hammer und Meissel die Metalle vom unbrauchbaren Gestein trennen.


Wir wurden mit Überhose, Kittel, Gummistiefeln und Helm ausgerüstet und machten uns auf den Weg zur Mine. Als Erstes demonstrierte uns José Antonio die Detonnation unseres Dynamites.


Anschliessend ging's ab in die Unterwelt. Katja hatte im ersten Moment schon ein wenig ein beklommenes Gefühl in diesen engen Höhlen so unter der Erde. Mit einer zünftigen Portion Cocablätter in der Backe und starkem Willen ging's dann aber.


Wir gingen, krochen und kletterten durch die dunkeln, von unseren Lampen jedoch gut beleuchteten Gänge und besichtigten Metalladern im Gestein, Asbestfilamente, Stalagmiten, Stalaktiten, Gesteinsoxidationen und ein unterirdisches Bergarbeitermuseum.


Hier sass auch ein "Tio" und José Antonio zeigte uns, wie man ihm Coca, Alkohol und Zigaretten weiht, um ihn freundlich zu stimmen, guten Ertrag und seinen Schutz zu erhalten. Unterwegs begegneten wir auch einem Bergmann, der wahrlich sehr erschöpft aussah und dankbar eine grosse Portion Cocablätter von uns annahm. Das zu sehen tat schon weh.

Entlag der Schienen der 2 Tonnen Material fassenden, von Hand geschobenen und gezogenen Wagen gelangten wir wieder ans Tageslicht. Das war eine Wohltat und dies, nachdem wir vielleicht eineinhalb Stunden da unten waren, während die Bergmänner 8 Stunden unter Tag verbringen und dazu noch hart arbeiten müssen. Beeindruckt und bedrückt von all dem Gesehenen kehrten wir wieder in die Stadt zurück.

Wir gönnten uns noch einen Tag mehr in Potosí und besuchten an diesem die "Casa de la Moneda", ein prächtiges Haus und ehemalige Münzenfabrik, die zum Museum umfunktioniert worden ist.


Die Räume dieses riesigen Gebäudes wurden teilweise von Grund auf so konstruiert, dass die Maschienen eingepasst werden konnten. Wir nahmen an einer Führung teil und erfuhren einiges über die Produktion von Münzen und anderen Silbergegenständen.

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