Donnerstag, 29. Mai 2008

Fin del mundo

Nachdem wir unsere Oberschenkel ausgeruht und quasi alle Kleider in der Wäscherei gesäubert hatten, verliessen wir Rio Grande und radelten entlang der Atlantikküste richtung Ushuaia. Die Landschaft von Feuerland konnten wir heute richtig geniessen, da das Wetter mitspielte und die Sonne dafür sorgte, dass die Farben der Küste und der Felder in knalligen, ja fast kitschigen Farben erstrahlten.


Mittlerweilen geht die Sonne etwa um 9.40 auf und bereits um 17.20 wieder unter. Somit ist einerseits die Tagesdauer mit Sonnenlicht sehr kurz, andererseits scheint die Sonne unter einem so flachen Winkel auf die Erde, dass man fast den ganzen Tag das Gefühl hat, sie müsse demnächst untergehen, was sich dann aber noch Stunden hinziehen kann.


Nach einem langen aber sehr genussreichen Velotag erreichten wir Tolhuin, unsere Bleibe für eine Nacht. Es war vermutlich das einzige Hostel im kleinen aber sympatischen Dorf, in welchem wir bei der üblichen Rundfahrt alles vorfanden, was es braucht: Dorfplatz, Kapelle, Bäckerei, Metzgerei, Tankstelle, Supermarkt, Videothek, Taxiunternehmen und eben ein Hostel. Es war ein spezielles Gefühl, so nah an unserem ersehnten Ziel Ushuaia zu sein.

Die letzte Etappe war dann in vieler Hinsicht ein Höhepunkt unserer bisherigen Reise. Nachdem wir uns während den letzten Wochen langsam an die Kälte gewöhnt hatten, nahmen wir kurz nach Tagesanbruch diese letzten 104km in Angriff, welche über den Garibaldi-Pass (450m.ü.M) führten.

Die ersten paar km waren "normal" zu fahren, entlang dem Lago Fagnano und es war lediglich bewölkt. Dann lösten sich aus diesen Wolken plötzlich riesige Schneeflocken und wir befanden uns mitten in einem ziemlich heftigen Schneegestöber. Nach ca. einer Stunde war dann der Spuk wieder vorbei und zurück blieben wir als Schneemänner/-frauen zusammen mit einer genial verschneiten Landschaft.



Kurz vor dem Anstieg zum Pass machten wir bei Sonnenschein eine Z-zwei-Pause und starteten nach dem Pfadschlitten und dem Salzwagen wieder auf die Piste.


Ab jetzt galt für Fahrzeuge ein Schneeketten- oder "Spikes"-obligatorium, was wir kurzerhand ignorierten. Je näher wir zur Passhöhe kamen, desto grauer und nebliger wurde die Umgebung und zuoberst konnten wir nur knapp den zurückgelegten Weg erkennen. Trotzdem machten wir neben Schneewächten das Gipfelfoto...


Leider hatten wir auch keinen Schlitten dabei, denn dies wäre das ideale Gefährt für die andere Seite des Passes gewesen. Die abfallende Piste war komplett bedeckt mit Neuschnee und die von Fahrzeugen hinterlassenen Spuren sorgten dafür, dass wir mit heruntergelassenen Sätteln (um mit beiden Füssen Bodenkontakt halten zu können) im Balanceakt und Schritttempo die vorher erkämpften Höhemeter wieder vernichteten - nichts mit rauschender Abfahrt. Grosse Gänge einlegen war ab jetzt sowieso schwierig, da sich die eingefrorene Schaltung nur noch mit Zuhilfenahme des Fusses bedienen liess.


Zu allem Übel machte die Strasse bald einen Knick nach rechts und zur mieserablen Piste kam ein eisiger Wind, der uns nicht nur das Getränk in den Bidons gefrieren (also nichts mehr mit trinken), sondern auch Füsse und Finger erstarren liess. Dagegen konnten auch die am Morgen in die Schuhe eingelegten Wärmebeutel (Katja) und die gefaltete Zeitung (Didi) nichts ausrichten.
In Anbetracht dieser vernichtenden Umstände und der fortgeschrittenen Zeit beschlossen wir, bei einem Restaurant im Skigebietes Cerro Castor, 30km vor Ushuaia, nach einer möglichen Unterkunft nachzufragen. Diese seien leider nur im Winter geöffnet, hiess es. Wir schauten uns gegenseitig an, zeigten nach draussen und fragten den Herrn: "Und was, bitte schön, ist jetzt?" "Herbst.", war seine Antwort.


Zum Glück waren an der Talstation der Sesselbahn ein paar Handwerker damit beschäftigt, das Gebäude für die kommende Skisaison vorzubereiten. Diese nahmen uns 2h später im Pickup mit nach Ushuaia und wir waren dankbar, diese Strecke nicht per Rad zurücklegen zu müssen.

Ushuaia, auch "Fin del mudo" genannt, erwartete uns ebenfalls im verschneiten Kleid. Nach einem Erholungstag und dem Abklären der Möglichkeiten hier, radelten wir durch den Nationalpark "Tierra del Fuego" zur Bahia Lapataia, welche das Ende der Ruta 3 und auch der südlichste Punkt Argentiniens ist. Die 46km Fahrt (auch über verschneite Piste) war ohne Gepäck und bei schönem Wetter ein Genuss und wir sind schon ein wenig stolz auf unsere Leistung, es entgegen so vielen Meinungen getroffener Leute bis hier hin geschafft zu haben.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich freu mich mit Eu über's erschtä grossä erreichtä Etappäziel vo Euerä Reis! Ich hoffe, dass Eu dä Ruggewind scho glii in Norde bringt. Ab ez wirds nur na wärmer...

Fritz & Colette hat gesagt…

Hallo Didi und Katja
Fantastisch! Herzliche Gratulation zum erreichten Etappenziel ihr seit wirklich "Son locos" und dürft Stolz sein auf diese Leistung. Wir verfolgen eure Reise die auch für uns unheimlich interessant ist. Colette hatte ihre Freude als sie das Foto von Didi mit dem STS Käppli gesehen hat. Wir wünschen euch weiterhin “Gute Fahrt“ und dass ihr gesund bleibt.
Herzliche Grüsse an euch von Fritz und Colette
Ps. Didi pass auf deine Finger auf die brauchst Du noch zum Trompete spielen!