Freitag, 9. Mai 2008

Chile Chico bis El Chaltén

Chile Chico

Der Aufenthalt bei Carlos und Gloria war sehr erholsam und gemuetlich. Die beiden zogen mit ihren Toechtern im letzten Dezember von weiter noerdlich nach Chile Chico, um hier ein Hostel zu betreiben. Dieses ist sehr gepflegt, geraeumig und gemuetlich eingerichtet. Carlos stellt in der Kueche des Hostels bisweilen Torten und Gebaeck her, welche er als Nebenverdienst verkauft. Wir lachten viel und genossen die familiaere Atmosphaere. Das im Preis inbegriffene Fruehstueck beinhaltete zum ueblichen Toast und Kaffee noch Ruehrei und Orangensaft, was uns natuerlich zusaetzlich sehr passte. Gerne nahmen wir zum Abschluss ein paar Flyer des Hostels mit zum Verteilen an andere Touris.


Auf der Weiterfahrt wieder zurueck in Argentinien passierten wir einen Kontrollposten der Polizei. Eine rundliche Wachtmeisterin stand breitbeinig auf der Strasse und gackerte auf uns ein. Ihr "Lehrling" studierte lange unsere IDs und erkundigte sich dann nach unserem Herkunftsland, als waere das auf der ID nicht viersprachig aufgefuehrt. Schlussendlich beruhigte sich sogar seine Chefin, fragte mitfuehlend, ob es denn nicht kalt sei so den ganzen Tag auf dem Rad und beide wuenschten uns eine erfolgreiche und gute Weiterreise. Wir setzten schmunzelnd unsere Raeder wieder in Fahrt.


In Perito Moreno (was ausser dem Namen nichts mit dem 500km weiter Suedlich gelegenen Gletscher zu tun hat) suchte wir erstmals Schutz vor dem Regen unter dem Vordach eines Ladens. Ein sehr kurliger Typ quatschte uns an, redete ununterbrochen und bot uns eine Unterkunft fuer umgerechnet CHF 1.70 pro Nase an. Nach der fuer uns ueblichen Rundfahrt durchs Dorf passierten wir auch die Strasse vom vorgaengig getroffenen Raul. Er sprang mit dem Gaestebuch auf die Strasse, deutete auf die Eintraege von anderen Schweizern (aus 2005) und zog Katja am Aermel in seine Behausung. Das Schlafzimmer befand sich in einem Silo (!) neben gelagerten Birnen und die Kueche befand sich im Schlafzimmer von Raul (oder umgekehrt). Zudem war nur die Kueche geheizt und da wir ziemlich kuehl hatten, entschlossen wir uns fuer das Hostel gegenueber, welches geraeumig und gut geheizt war, dafuer 8 mal mehr kostete.

Dort blieben wir 2 Naechte und erkundigten uns ueber die folgende Strecke nach Sueden, welche ab nun sehr einsam und in mieserablem Zustand sein soll. Auf diesen ca. 450km gibt es kein Dorf, keinen Laden, viel Pampa mit nur wenigen Fluessen fuer den Wassernachschub und praktisch alle Estanzias sind in dieser Jahreszeit geschlossen. Dazu kommt die ungewisse Lage ueber den Strassenzustand und das Wetter. Bei einem Schneeeinbruch waere man fuer einige Tage blockiert im Nichts, denn ein Bus verkehrt jetzt nur 2x woechendlich. So beschlossen wir, die ersten 130km zu radeln, dann per Bus bis El Chaltén zu fahren und Energie und Zeit fuer spaetere Abenteuer zu sparen.


Cueva de las manos

Auf der Strecke Richtung Bajo Caracoles machten wir einen Abstecher zu den "Cuevas de las manos" (Hoehlen der Haende). Dazu verliessen wir die bereits ungeteerte und holprige Routa 40 und tauchten ueber einen noch kleineren Feldweg tiefer in die Pampa ein. Wir trafen niemanden, ausser einem Reiter, welcher eingemummt in dicke Schaffelle mit seinen Hunden ein paar wilde Roesser durch die windige Steppe trieb. Er ritt zu uns hin und wir wechselten ein paar Worte, was hier glaub ueblich ist, wenn man in einer so einsamen Gegend jemanden trifft.


Wenig spaeter kamen wir bei der Estanzia "Cuevas de las manos" an, wo ein paar Gauchos gerade damit beschaeftigt waren, ihre ziemlich wilden Pferde einzufangen, zu "frisieren" und mit Brandmarken zu versehen. Hier fuehlte sich Katja sofort wie zuhause und wir stellten unser Zelt im Windschatten der geschlossenen Unterkunft auf, kochten uns eine waermende Mahlzeit und lagen schon um 20.00 in unseren Schlafsaecken.


Nach einer kalten Nacht (Eis auf dem Zelt) erreichten wir nach weiteren 15km den Canyon, bei welchem sich diese Hoehle mit Wandmalereien befinden. Nur, dass wir dazu den rund 150m tiefen Canyon queren muessen, wussten wir vorher nicht. Mit Schreck stellten wir fest, dass der Weg ein steiler unfahrbarer Wanderweg war. Katja balancierte ihr Gefaehrt im Schneckentempo in die Schlucht hinunter. Didi musste die Strecke 2 mal zuruecklegen, einmal mit Anhaenger, das zweite mal mit dem Velo.


Zuunterst kreuzten wir vier Besucher der Hoehle, welche zu Fuss den Canyon querten. Sie staunten nicht schlecht, fotografierten uns und prueften das Gewicht unserer bepackten Raeder. Dass zwei dieser Touristen ein Argentinier-Paar war, welches wir waehrend der naechsten Woche an vier verschiedenen Orten wieder treffen wuerden und daraus eine gute Freundschaft entstehen sollte, konnten wir damals noch nicht ahnen.


Der anstrengendste Teil kam jedoch erst jetzt, naemlich der Anstieg auf der anderen Seite, ueber Treppen und schmale Wanderwege. Voellig erledigt erreichten wir die andere Canyonseite, 1.5h spaeter. Dort trafen wir auf Cesar, einen Ami, welcher mit seinem Rad die Querung noch vor sich hatte. Er tat uns jetzt schon leid.


Mit einem persoenlichen Guide durften wir zur Belohnung die Hoehle besichtigen, welche vor ca. 9000 Jahren von hier lebenden Urvoelkern mit Malereien und Handabdruecken verziert worden war. Ueber 800 solche "Haende" zieren den Felsvorsprung entlang dem Canyon. Die Farbe erzeugten sie aus im nahen Gebirge vorkommenden Mineralien, welche sie in einem Gemisch aus Wasser und Urin loesten und mit dem Mund auf die an die Wand gehaltenen Haende "spruehten". Der Guide erklaerte uns alles ueber die vermuteten Bedeutungen dieses Ur-Grafitty.


Da es uns durch die verlorene Zeit und Energie beim Queren des Tals nicht mehr nach Bajo Caracoles reichte, verbrachten wir die folgende Nacht mitten in "La Nada".


Wir konnten einen Fuchs beobachten und am Morgen die Guanakos, welche an der nahen Wasserstelle trinken wollten. Der in der kalten Nacht verpasste Schlaf holten wir am Morgen nach, als die Sonne unser Zelt wie ein Treibhaus aufwaermte. Um 11 wurde es zu warm im Zelt und wir (die einten) fruehstueckten im "Pischi" vor dem Zelt.


Die kurze Etappe nach Bajo Caracoles war nur noch ein Katzensprung. Der Ort wirkte von weitem wie ein Schrebergarten und war auch nicht viel groesser.


Doch ausgerechnet hier tranken wir waehrend dem Warten auf den Bus den besten Kaffee seit unsere Zeit hier in Suedamerika. Ohne Vorreservierung konnten wir den Bus auch mit Fahrraedern besteigen und waehrend den naechsten 9 Stunden ueber die naechtliche Steppe nach El Chaltén tuckern.

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