Dienstag, 13. Mai 2008

Von El Calafate nach Puerto Natales

Wir verliessen El Calafate auf der selben Strasse wie wir kamen. Leider blies der Wind diesmal nicht so kräftig in die selbe Richtung wie bei unserer Ankunft... Nach einer 10km langen Bergfahrt gelangten wir auf ein riesiges, flaches Hochplateau, wo sich die Pampa wie ein Tuch bis zum Horizont ausbreitete. Hier blies der eiskalte Wind so kräftig, dass wir den letzten Drittel unserer 95km langen Tagesetappe in einer guten Stunde geschafft hatten.

Wir kamen nach El Cerrito, was nichts weiteres ist als ein Stützpunkt der "Vialidad", der argentinischen Strassenaufsicht. Wir klopften an und fragten, ob wir im Windschatten der Gebäude unser Zelt aufstellen und Wasser bekommen könnten. Ein knurriger aber freundlicher Mann gab uns, was wir brauchten. Wir kochten uns Teigwaren mit Tomaten-, Oliven-, Thon-, Würschtlisauce (eine Spezialität aus der Radlerküche) und krochen dann schnell in voller Montur (2 paar Socken, Thermounterhosen, 4 Pullover, Kappe und Handschuhe) in unsere bis zur Nase zugeschnürten Schlafsäcke.


Als uns die Sonne weckte (und dies ist unterdessen um 9.30 Uhr der Fall!), krochen wir aus den warmen Federn und nahmen das nächste Stück Pampa unter die Räder. 70km Holperpiste brachten uns nach Tapi Aike, was kein Dorf ist, sondern einige Häuser, eine Tankstelle mit Kiosk und eine wegen Wintersaison geschlossene "Estancia". Der Tankwart gab uns die Auskunft, dass es bis zum nächsten Dorf noch 50km seien und dass bis dahin auch keine einzige Übernachtunsmöglichkeit vorhanden sei. Da sie auch keine bessere Lösung wusste, liess sich Katja trotz eingetretener Ermüdungserscheinungen von Didi zu diesen zusätzlichen 50km radeln motivieren.

Geisterhotel
Doch es kam anders: nach 12 km erreichten wir das vom Tankwart erwähnte verlassene Hotel an der Strasse.


Wir schlichen erstmals darum herum und stolperten dabei beinahe über einen toten Fuchs im Garten. Didi entdeckte ein offenes Fenster und inspizierte in der Folge das Innenleben des Gebäudes: in einem Zimmer brannte noch licht, das Bett sah aus, als sei es erst verlassen worden, Kleider und Schuhe lagen herum. Katja kletterte nun auch durchs Fenster und wir schauten uns gemeinsam weiter um: die Küche ein Saustall mit dreckigem Geschirr im Waschbecken, in der Vorratskammer noch einige Esswaren, ein Haufen von Matratzen in einem Zimmer.


Die Zeitung auf dem Tisch verriet uns dann, dass schon länger niemand mehr hier war: sie war von 2007! So entschlossen wir uns, das Hotel für eine Nacht in Anspruch zu nehmen. Wir öffneten die Haustür von innen und holten unser Gepäck samt Velos in die Hotelbar, wo sie neben Fernseher und Computer die Nacht vor Wind und Wetter geschützt verbringen durften.
Der kleine Radio trällerte uns spanische Liebeslieder während wir in der eiskalten Küche unser Nachtessen genossen.
Didi der Cevianer, Tüftler und Schnüffler musste natürlich noch herausfinden, ob das Telefon noch funktionierte. Der Schlüssel zum Münzfach lag noch auf dem Telefon und das Münzfach war noch voll. So konnten wir das Telefon auch gleich testen. Da es in der Schweiz mitten in der Nacht war, war die Nummer von Katja's Praxis die einzig vernünftige Testdestination und so kamen die Physios zu einer Nachricht aus dem Geisterhaus.


Als Didi morgens das Haus verliess um den Sonnenaufgang zu fotografieren, war alles spiegelglatt gefroren! Wir nahmens gemütlich und fuhren schliesslich auf weitgehend abgetauter Strasse ein weiteres mal Chile entgegen.

Nach 105 km Fahrt erreichten wir Puerto Natales, wo wir uns in einem gemütlichen, familiären Hostal einquartierten. Wir wurden mit Kaffee und Brötchen empfangen und genossen die Wärme der Atmosphäre und der Stube. Eine schöne heisse Dusche und ab ins Restaurant. Nach drei Tagen Pampa freut man sich riesig auf ein üppiges Nachtessen vom Serviertablett!

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