Montag, 15. September 2008

Adios Chile

Nun stand uns der wohl anspruchsvollste Teil unserer bisherigen Reise bevor. Wie werden wir wohl auf Höhen von bis zu 5000m.ü.M. reagieren? Werden unsere Kräfte für die knapp 500km schlechteste Piste fernab der Zivilisation ausreichen? Wie lange werden wir dafür brauchen und wo kriegen wir Wasser?

Wir informierten uns einerseits über korrektes Verhalten in grossen Höhen, andererseits über den Verlauf und Zustand der Route. Dann deckten wir uns mit transportierbaren und unverderblichen Lebensmitteln für ca. zehn Tage ein, liessen uns in einem Restaurant das letzte Filete de Lomo auf der Zunge verschmelzen und verschenkten noch einigen "Ballast", den wir nicht in die hohen Anden mitschleppen wollten.


Auf nach Bolivien hiess es nun im wahrsten Sinne des Wortes. Es erwartete uns nähmlich eine 45 km lange Steigung von 2400 auf 4700 m.ü.M.


Den Zoll passierten wir problemlos, obwohl wir unsere Aufenthaltsbewilligung um drei Tage überzogen hatten. Die Chilenen nehmen's mit Rechnen zum Glück nicht so genau.

Die ersten 10 km war die Steigung noch moderat. Dann ging's richtig los. Wir teilten die Strecke in drei kurze Tagesetappen auf, um uns langsam an die Höhe zu gewöhnen und so der Höhenkrankheit vorzubeugen. Dabei erreichten wir bereits unseren 6000-sten Velokilometer unserer Reise.


Am zweiten Tag kam dann auch, bald nachdem wir mitten im Nachmittag unser Zelt aufgestellt hatten, ein zügiger Wind auf und der Himmel bewölkte sich ungewohnt. Eine "Camioneta" hielt an und zwei Señores und eine Señora stiegen aus. Sie erzählten uns, dass sie hier oben Lamas halten und Quinoa anbauen, was uns recht verblüffte. Wir erwarteten nicht, dass in dieser verlassenen Gegend noch jemand wohnt und schon gar nicht, dass hier Landwirtschaft betrieben wird. Die lieben Leute warnten uns vor dem Wetter. Es könnte gut zu Niederschlägen in Form von Regen oder Schnee kommen und stürmische Winde könnten aufkommen. Sie boten uns an, im Notfall ihr nahegelegenes, im Moment unbewohntes "Campamento" zu beziehen, wo wir auch Feuer machen könnten und empfohlen uns, bei schlechtem Wetter abzuwarten und lieber nochmals nach San Pedro umzukehren.


Wir verkrochen uns anschliessend in unser Zelt und kamen erst am Abend zum kochen wieder heraus. Der schönste aller unserer bisherigen Sonnenuntergänge erwartete uns da draussen und bot zusammen mit den Wolken und den Bergen ein atemberaubendes Bild.


Diese Nacht wurde unser Zelt auf eine harte Probe gestellt. Es stürmte mit unglaublicher Kraft und schüttele das Zelt samt uns zünftig durch. Wir waren uns nicht sicher, ob das Geriesel auf dem Zeltdach nun Schnee oder Sand war. Als wir am Morgen das Innenzelt öffneten, wussten wir's: im Aussenzelt war alles unter einer dicken Sand- und Staubschicht begraben. Ja sogar unsere Schlafsäcke im Innenzelt waren fein "gepudert".


Es windete nach wie vor stürmisch, aber die Wolken waren weg und die Sonne lachte wieder vom stahlblauen Himmel. Nach ungemütlichem (sandigem) Frühstück und notdürftigem Entstauben unserer sieben Sachen nahmen wir den letzten Abschnitt unserer Steigung in Angriff. Zum ersten Mal an diesem Tag waren wir froh um den Wind. Er blies mit voller Kraft von hinten und erleichterte uns die Arbeit um einiges. Doch die dünne Höhenluft trug ihren Teil dazu bei, dass es trotzdem noch anstrengend genug war.

Als wir die 4700 Meter Höhe schliesslich erreichten, überraschte uns eine kurze, erlösende Abfahrt bis zum Abzweiger zum Hito Cajon (Bolivien). Hier tauchten wir abrupt in eine völlig andere Welt ein. Die Teerstrasse endete und ein sandiger Erdweg führte uns hinunter zum bolivianischen Zoll.

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